Finanzen der Stadt Zell a. H. werden mittelfristig knapp
Sitzung im Gemeinderat
Der Haushalt 2025 bereitet noch keine Probleme. Deshalb wurden auch Planungsaufträge für den Unterharmersbacher Kindergarten vergeben. Ab 2026 aber wird es für die Stadt immer enger.
Der Gemeinderat der Stadt Zell a. H. hat am Montagabend beschlossen, dass das Architekturbüro KTL Architekten BDA Ingenieure aus Rottweil mit der Gebäudeplanung des neuen Unterharmersbacher Kindergartens "Kleine Wolke" beauftragt wird. Armin Reber und Sybille Nock (beide Grüne Liste) enthielten sich, weshalb, erklärten sie nicht. Das Tragwerk plant das Ingenieurbüro Patric Scherer (Haslach). Hier enthielt sich Sybille Nock. Der Beschluss für Heizung/Lüftung/Sanitär und Elektrotechnik an die Ettenheimer Firma Vertec GmbH Ingenieurbüro für Versorgungstechnik fiel einstimmig.
Die Gesamtkosten belaufen sich auf Grundlage erster Kostenschätzungen auf 846.000 Euro brutto für diese vier Aufträge. Diese Firmen hatten in einem Vergabeverfahren am besten abgeschnitten. Bürgermeister Günter Pfundstein bezifferte das Investitionsvolumen für den Neubau mit insgesamt sechs bis sieben Millionen Euro.
Zuschuss-Antrag
Die Stadt Zell werde zur Finanzierung beim Land Mittel aus dem Ausgleichsstock in Höhe von 1,4 Millionen Euro beantragen. Baubeginn ist Ende 2025/Anfang 2026, im Herbst 2027 soll der neue Kindergarten in Betrieb gehen, blickte Günter Pfundstein voraus.
Finanziell stehen Zell schwierige Zeiten ins Haus. Das ist das Ergebnis zweier Sitzungen des Finanzausschusses. "Der Haushalt 2025 ist klar, der für 2026 ziemlich", sagte Günter Pfundstein. Zwar erwartet die Stadt 2026 ein strukturelles Defizit in Höhe von rund drei Millionen Euro im Ergebnishaushalt, doch dank der guten Liquidität könne die Stadt in den nächsten beiden Jahren "wahrscheinlich auf eine Kreditaufnahme zur Finanzierung der Investitionen verzichten". Von der Zinsentwicklung hänge es aber ab, ob die Stadt die Rücklagen von neun Millionen Euro angreift oder vielleicht einen Kredit aufnimmt.
Doch in den Jahren 2027/28 werde die Stadt voraussichtlich Kredite in Höhe von zehn Millionen Euro aufnehmen müssen. Hauptgründe sind der Hochwasserschutz sowie das "Sanierungsgebiet West" (Stadteingang ehemalige Zeller Keramik). Offen ist allerdings noch, ob das Land den Antrag auf Aufnahme in das Sanierungsprogramm bewilligt.
Hinzu kommen auf der Ausgabenseite der Stadt dringend nötige Sanierungen von Gebäuden, Straßen und Brücken, der Breitbandausbau in Außenbereichen und einiges mehr.
Thomas Seeger, Leiter des Rechnungsamts, umriss die Problematik so: "Wir gehen 2025 schon all-in:" Er rechnet damit, dass die Gewerbesteuer länger nicht mehr als 4,6 Millionen Euro betragen wird. "Wenn die Wirtschaft weiter sinkt, müssen wir freiwillige Leistungen und Gebührenerhöhungen auf den Prüfstand stellen", sagte er. Für 2026 erwartet der Rechnungsamtsleiter ein strukturelles Defizit von drei Millionen Euro. Ein Damoklesschwert sei zudem die Erhöhung der Kreisumlage. Sollte diese ab 2025 stärker als angenommen steigen, könne dies Mehrkosten in Höhe von 180.000 Euro nach sich ziehen.
Was auch noch nicht berücksichtigt sei, ist unter anderem das Bestreben der Stadt Gengenbach, die Umlandgemeinden an ungedeckten Kosten für Sanierung und Erweiterung des Gymnasiums zu beteiligen. "Wir wissen nicht, ob wir für die Schulsanierung in Nachbarkommunen von der Kommunalaufsicht gezwungen werden, einen Anteil zu leisten", sagte Günter Pfundstein. Zwei Millionen Euro stünden im Raum.
Beschluss am 20. Januar
Die Stadt Zell wird den Haushalt 2025 am 20. Januar verabschieden. Das hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen. Allerdings hatte Sybille Nock (Grüne Liste) zuvor angeregt, den Beschluss der Haushaltssatzung auf Februar zu verschieben. Dann könne sich der Finanzausschuss nochmals über die mittelfristige Finanzplanung 2027/28 Gedanken machen und Vorschläge erarbeiten.
Bürgermeister Günter Pfundstein gab Sybille Nock grundsätzlich Recht, aber: "Ich glaube, es ist taktisch klüger, so schnell wie möglich einen genehmigten Haushalt 2025 zu bekommen, um die Investitionen starten zu können." Es bleibe danach noch Zeit für den Finanzausschuss.
Außerdem werde sich erst in den nächsten Monaten abzeichnen, ob das Land, dem es selbst nicht gut gehe, den Hochwasserschutz und das "Sanierungsgebiet West" fördert: "Erst dann sehen wir, wo wir stehen." Sybille Nock erhielt dabei aber ein Entgegenkommen. Denn ins Protokoll der Sitzung vom Montag wird auf ihren Wunsch hin aufgenommen, dass sich der Finanzausschuss nach dem Beschluss des Haushalts am 20. Januar zeitnah im Frühjahr mit der mittelfristigen Finanzplanung befassen muss.
Autor: Thomas Reizel, Offenburger Tageblatt