Regierungspräsidentin zu Besuch in Zell
Bärbel Schäfer informiert sich über Fortschritte bei der L94-Sanierung – Bürgermeister Pfundstein spricht weitere Zeller Großprojekte an und hofft auf Unterstützung
Die Stadt Zell am Harmersbach durfte gestern zum zweiten Mal innerhalb von nur neun Monaten die Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer empfangen. Sie wollte sich über den aktuellen Stand der L94-Sanierung informieren. Bürgermeister Günter Pfundstein stellte zudem weitere Zeller Großbaustellen vor.
Der Bürgermeister hieß die Regierungspräsidentin im Ratssaal des Zeller Rathauses willkommen. Auch Vertreter der Stadtratsfraktionen und die Amtsleiter der Verwaltung waren gekommen. Bärbel Schäfer fand es bemerkenswert, dass die Stadträte die Zeit gefunden hatten, am frühen Nachmittag beim Termin dabei zu sein. »Gemeindebesuche sind wichtig, um zu erfahren, was die Gemeinden umtreibt«, sagte Schäfer, betonte die Bedeutsamkeit, mit den handelnden Personen persönlich ins Gespräch zu kommen, und war gespannt, wo das große Sanierungsprojekt »Ortsdurchfahrt Unterharmersbach« aktuell steht.
Anders als üblich gab es gleich zu Beginn das Begrüßungsgeschenk. Überreichte Pfundstein beim Spatenstich zur Sanierung der Ortsdurchfahrt Unterharmersbach noch eine Hahn-und-Henne-Tasse im XXL-Format, war es diesmal eine Kaffeepausen taugliche Größe. »Aufgrund der großen Investitionen müssen wir kleinere Tassen backen«, kommentierte das Stadtoberhaupt augenzwinkernd das Geschenk.
Bevor es zur Besichtigung der Baufortschritte an der L94 ging, erläuterte Pfundstein der Besucherin Details zur Stadt. Zu Gründung und Bevölkerungszahl, zur wirtschaftlichen Stärke, zu den Bauvorhaben und zum Projekt »Kleinstadtpioniere«. Er stellte die drei aktuellen Großprojekte vor. Bezüglich der L94-Sanierung lobte er die Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen Reif. Auch erfuhr die Regierungspräsidentin, dass bereits neun Gebäude abgebrochen wurden, um Engstellen zu beseitigen. »Die Unterharmersbacher machen gut mit«, freute er sich über die Akzeptanz, die die Maßnahme in der Bevölkerung findet. Schäfer zollte der Stadtverwaltung Respekt: »Man kann nicht erwarten, dass das so gut läuft.« Es sei eine besondere Leistung, die Ortskenntnis und der persönliche Zugang der Stadtverwaltung zu den Anwohnern ein wichtiger Teil des Erfolgsrezepts – etwas, das das Regierungspräsidium in dieser Form nicht leisten könne. »Es war die richtige Entscheidung«, bekräftige sie. Da passte es ins Bild, dass der Bau gut voranschreitet und wohl wesentlich schneller als bei den ersten Schätzungen gedacht fertiggestellt werden wird. Die Arbeiten in städtischer Hand sollen bis Ende dieses Jahres, die Arbeiten, die in der Verantwortung des Regierungspräsidiums liegen, bis zum Herbst nächsten Jahres abgeschlossen sein. Der Eindruck eines zügigen Baufortschritts bestätigte sich bei der Ortsbegehung, in der Schäfer die vorbereitenden Maßnahmen für die Kurpark-Umfahrung in Augenschein nehmen und sich über die Herausforderungen der Umfahrung über die Sportstätten-straße ein Bild machen konnte. Zuvor im Rathaussaal war zudem zu erfahren gewesen, dass die Entscheidung zur Baustellen-Umfahrung für überlange Transporter im April getroffen werden muss.
Auch die anstehende Rathaussanierung, in deren Zuge Bauamt und Tourist-Info aus der Alten Kanzlei verlegt werden sollen, wurde im Gespräch thematisiert. Erste Schätzungen gehen von einem Investitionsvolumen von 6,5 bis 7 Millionen Euro aus. Ein Leitplanken-Workshop sei gut gelaufen, so Pfundstein. Er gab sich optimistisch, dass im Sommer ein Büro mit der konkreten Planung beauftragt werden und im April nächsten Jahres mit der Sanierung begonnen werden kann.
Zum dritten Millionen-Projekt im Bunde, der Rundofen-Sanierung, gab es im Rathaussaal eine kleine Präsentation mit ersten Planungsideen. »In seiner Form ist dieser Rundofen in Deutschland, vielleicht sogar in Europa einmalig«, verdeutlichte Pfundstein die Bedeutung des Bauwerks und stellte den Spatenstich noch für dieses Jahr in Aussicht. Bei der Besichtigung wenig später konnte Schulleiter und Gemeinderatsmitglied Martin Teufel zahlreiche Anekdoten und Details zum Betrieb aus eigener Erfahrung beisteuern.
Förderung durch Landesmittel
»Dicht gedrängt wird es uns in den nächsten Jahren finanziell treffen«, wandte er sich an die Regierungspräsidentin. Die 10-Millionen-Euro-Rücklage der Stadt werde für die Maßnahmen nicht ausreichen. Er knüpfte an den Besuch von Bärbel Schäfer die Hoffnung auf Unterstützung von Landesseite, zum Beispiel wenn es um die Begleichung der Entschädigungsleistungen für die von der
Realisierung der innerörtlichen Umfahrung betroffenen Grundstückseigentümer geht. Mit bis zu 200.000 Euro könnten diese nämlich zu Buche schlagen. Die Grundlage für eine finanzielle Beteiligung an Umleitung und Rückbau sei in der Vereinbarung zwischen Stadt und Land gelegt, versicherte Schäfer.
Wie stark sich die Stadt Zell bisher auch ohne Förderung durch Landesmittel in Sachen Infrastruktur engagiert hat, wurde deutlich, als Pfundstein auf das Bildungszentrum zu sprechen kam. Seit 2015 seien rund fünf Millionen Euro investiert worden – bei nur 400.000 Euro Förderung für den Bau der Mensa (Gesamtkosten: 2,8 Millionen). »Den Rest haben wir selbst gestemmt«, so Pfundstein. Zahlreiche Fenster seien ebenfalls aus Eigenmitteln finanziert bereits ausgetauscht worden. Die letzte Tranche hat die Stadt jedoch zurückgehalten, da aktuell ein mehrere hundert Millionen schweres Schulsanierungsprogramm aufgelegt wird. Zu diesem erläuterte Schäfer wichtige Details. Dass viele Mittel erst fließen, wenn verantwortungsvolle Kommunen bereits in die Zukunft investiert haben, bedauerte Pfundstein sehr. »Uns als Kommune hilft es besser, wenn allgemeine Finanzmittel zur Verfügung stehen«, legte er seinen Standpunkt dar. Schäfer gab zu bedenken, dass die Verteilung von Geldern mittels Gießkannen-Prinzip schwierig sei. Die Gelder reichten dann oft nicht aus für die Umsetzung konkreter Projekte. Später sagte sie: »Wir bemühen uns, Projekte auszufinanzieren.«
Auch an anderen städtischen Themen, die den Wirkungskreis des Regierungspräsidiums betreffen, war Bärbel Schäfer sehr interessiert: an der Schulpolitik und ihre Auswirkungen auf die Bildungseinrichtungen und der Innenentwicklung der Gemeinde etwa.
Mit einer ungeplanten Besichtigung der alten Waschküche und eines Stücks der Stadtmauer sowie einem gemeinsamen Essen ging der Nachmittag für Bärbel Schäfer zu Ende. »Es ist erstaunlich, wieviel Zell für eine Stadt dieser Größe zu bieten hat«, zeigte sie sich beeindruckt.
Autor: Susanne Vollrath, Schwarzwälder Post