In Zells Westen tut sich was

Die Bestandsanalyse des neuen Sanierungsgebiets "Stadtkern West" wurde im Gemeinderat Zell vorgestellt. Projekte in diesem Bereich werden gefördert, auch die Sanierung der Keramik-Fabrik.

Der Umriss des Sanierungsgebiets „Stadtkern West“. Ganz links die ehemaligen Keramik-Gebäude, die untere Ausbuchtung ist die Unterentersbacher Straße. Übrigens: Alle Rottöne bedeuten Mängel in der Bausubstanz und Handlungsbedarf.                                                       Foto: KE Kommunalentwicklung

Mit Sanierungsgebieten hat die Stadt Zell in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Mit der Förderung des Landes im Rücken wurde bereits in der Oberstadt, im Stadtkern Nord und nicht zuletzt in der Ortsdurchfahrt Unterharmersbach erfolgreich saniert, modernisiert und gebaut. Nachdem die Zeller Sanierungsgebiete beendet sind oder kurz vor dem Abschluss stehen, möchte die Stadt ein neues Gebiet ausweisen: Das Gebiet namens "Stadtkern West" erstreckt sich grob gesagt vom Areal Zeller Keramik entlang der Hauptstraße teilweise bis ins Stadtinnere und schließt auch Teilbereiche der Unterentersbacher Straße mit ein.

Das neue Sanierungsgebiet hatte der Gemeinderat bereits grundsätzlich beschlossen, nun hatte die KE Kommunalentwicklung eine umfassende Bestandsaufnahme gemacht, die als Grundlage für den Antrag beim Land Anfang November dienen soll. Vertreterinnen der KE stellten die Untersuchungen am Montag im Gemeinderat vor, die nicht zuletzt aus einer Ortsbegehung im Juni resultieren.
 
"Erfolgsgeschichte"
 
Der Gemeinderat nahm das umfangreiche Werk am Ende mit einstimmiger Zustimmung zur Kenntnis. "Wir brauchen Sanierungsgebiete, um uns zu entwickeln", hatte Sybille Nock (Grüne Liste) zuvor betont und auch Thomas Hoog (FW) nannte die bisherigen Sanierungsgebiete in Zell "eine Erfolgsgeschichte". Auch erste Ergänzungswünsche und Erweiterungen wurden am Montag laut. So möchte Thomas Hoog den kleinen Park neben dem Untertorgebäude im Fördergebiet sehen. Der ist bekanntlich im Eigenturm der Stadt, eine genau Gestaltung des Geländes wurde noch nicht besprochen.
 
Bürgermeister Günter Pfundstein erklärte dazu, dass es sich beim Entwurf um ein vorläufiges Sanierungsgebiet handle. Erweiterungen seien möglich. Der Bürgermeister appellierte aber daran, "finanziell nicht zu hoch" anzufangen. Die vorliegende Ausarbeitung habe bereits einen Förderrahmen von insgesamt rund 8,4 Millionen Euro. 60 Prozent der förderfähigen Kosten übernimmt das Land, Bei der Stadt würden demnach rund 3,4 Millionen Euro verbleiben.
 
Es ist kein Geheimnis, dass ein Schwerpunkt des neuen Sanierungsgebiets in der Sanierung und Ertüchtigung des Fabrikgebäudes der ehemaligen Zeller Keramik besteht. Was genau später mal in die Fabrik kommt, steht bis dato noch nicht fest. Bürgermeister Pfundstein sprach am Montag lediglich von "Ideen", eventuell sogar auf genossenschaftlicher Basis.
 
Aber die Prüfer haben noch mehr Handlungsbedarf festgestellt:
 

 
 

  • Zum Teil vernachlässigte private Bausubstanz (Hauptstraße und Unterentersbacher Straße).
  • Schlechter Zustand denkmalgeschützter Gebäude.
  • Leerstände in Teilen der privaten Gebäudesubstanz.
  • Nicht genutzte innerörtliche Flächen (Baulücken in der Unterentersbacher Straße).
  • Mangelhafte Nutzbarkeit / Zugänglichkeit des Harmersbachs.
  • Mangelhafte Gestaltung oder Zustand der Erschließungsflächen, besonders im Hinblick auf Barrierefreiheit und Funktionalität.
  • Hoher Versiegelungsgrad.

Die Experten gewannen bei ihrer ersten Sicht-Überprüfung noch genauere Erkenntnisse. So sind im geplanten Sanierungsgebiet acht Gebäude mit leichten Mängeln festgestellt worden, zwölf Gebäude mit erkennbaren Mängeln, 15 Gebäude mit starken Mängeln, bei vier Gebäuden wurde der Erhalt aufgrund der Mängel in Frage gestellt. Letzteres gilt übrigens auch für Teile des Keramik-Ensembles.
Insgesamt wurden 70 Gebäude im Sanierungsbiet untersucht. Die Erhebung der Gebäudenutzung zeigt, dass rund 22,9 Prozent der Gebäude im Untersuchungsgebiet reine Wohngebäude sind. Es gibt auch gewerbliche und gastronomische Nutzung.
 
Die Kommunalentwicklung nennt folgende Ziele im Sanierungsgebiet: Modernisierung privater Bausubstanz mit dem Ziel der Schaffung von nachhaltig nutzbarem und barrierefreiem Wohnraum, die Modernisierung der denkmalgeschützten Gebäude, aber auch Abbruch von nicht zu nutzenden Gebäuden, insbesondere von Nebengebäuden. Weiterhin ist die Aktivierung von Leerständen angestrebt. Im geplanten Gebiet könnten 35 Wohnungen auf einen zeitgemäßen Standard gebracht werden.
 
Diese privaten Initiativen sind allerdings kein Muss, wie Zells Bürgermeister erläuterte. Allerdings betont Günter Pfundstein auch, dass es "nichts Besseres geben kann als ein Sanierungsgebiet". Besonders dann, wenn sich Hauseigentümer eh schon mit dem Gedanken an Modernisierungen getragen haben.
 
Bündel an Maßnahmen
 
Zu Entwicklung des Sanierungsgebiets gehören natürlich nicht nur private Aspekte. So werden in dem Zusammenhang auch verkehrstechnische und energietechnische Belange im Sinne des Klimaschutzes sowie eine Aufwertung des öffentlichen Raums in Betracht gezogen. Unterm Strich also ein ganzes Bündel an Maßnahmen, für die das Land allerdings auch acht bis zehn Jahre Zeit gewährt.
 
Im Sanierungsgebiet gibt es auch etliche gewerbliche Unternehmen. Für diese ist eine Förderung mit rechtlichen Hürden verbunden. Es gelten andere Voraussetzungen, die aber im Einzelfall abgeklärt werden können.
 
Aber nun muss das Land zunächst dem neuen Sanierungsgebiet zustimmen. Laut Bürgermeister gab es schon positive Signale, dass Zell ein neues Sanierungsgebiet auf den Weg bringen kann. Im April/Mai soll die endgültige Entscheidung darüber feststehen.
 

 

 

Autor: Dietamr Ruh, Offenburger Tageblatt